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1.Religiös oder nicht: Uns beeinflussen Glaubensprozesse

Lesen Sie Zeitung? Hören Sie Nachrichten? Ja? Fällt Ihnen auf, dass sich gegenwärtig etwas geändert hat?

Krise! Richtig! Und wer macht Karriere in der Krise? Sie werden es nicht glauben: „der Glaube“

Es ist geradezu atemberaubend, wie oft aus dem Munde von Wirtschaftssachverständigen und Politiker-/Innen in letzter Zeit das Wort „glauben“ verwendet wird. Im Wirtschaftsteil von Zeitungen findet man das Wort mittlerweile häufiger als in Sonntagspredigten.

Auch wer eine Wirtschaftszeitung wie etwa die deutsche Wirtschaftswoche liest, kann das regelmäßig beobachten. Um nur eines von unzähligen Beispielen anzuführen: Der gebürtige Inder und langjährige UN- und WTO-Berater Jagdish Bhagwati, der zu den politisch einflussreichsten Ökonomen der Gegenwart zählt, antwortete auf die Frage, ob die Globalisierung durch die Finanzkrise Schaden nehme: „Ich glaube, es gibt ein politisch-psychologisches Problem. Die Menschen neigen dazu, die verschiedenen Elemente und Effekte der Globalisierung miteinander zu vermengen“ (Wirtschaftswoche 42 (13.10.2008),34).

Doch was ist gemeint, wenn jemand – in welcher Sprache auch immer – sagt: „ich glaube!“? Will jemand damit sagen: Ich bin religiös! Manchmal vielleicht, aber eben nur manchmal!

Glaubensprozesse kamen bisher vor allem auch im Zusammenhang der Erforschung menschlicher Religiosität wissenschaftlich in den Blick. Doch Glaubensprozesse sind keineswegs nur religiös. Im Gegenteil, sie gehören untrennbar zu unserem Leben.

Was aber sind Glaubensprozesse?

2. Emotion – Kognition – Credition

Es gab bis vor kurzem nicht einmal einen wissenschaftlichen Begriff, um Glaubensprozesse zu bezeichnen.

Zwar spielt das Thema in Philosophie und Theologie eine bedeutende Rolle. Doch kommt dort eher der „Glaube“ (belief, faith) in den Blick. Glaubensprozesse als psychologische Prozesse sind hingegen wissenschaftlich ein wenig bearbeitetes Terrain.

Auch wenn noch nicht genau feststeht, wie man „Glaubensprozesse“ genauer qualifizieren kann, gibt es seit kurzem einen Begriff, um sie zu bezeichnen.

Glaubensprozesse werden als „Creditionen“ bezeichnet.

Präziser müsste man sagen:

  • Creditionen sind „Strukturen oder Prozesse des Glaubens“, die in enger Verbindung mit Kognitionen und Emotionen stehen.

Kognitionen und Emotionen sind für die Psychologie grundlegende Konzepte (bzw Begriffe). Man versteht unter

  • Kognitionen – sind Strukturen oder Prozesse des Erkennens und Wissens.
  • Emotionen – bezeichnen einen qualitativ näher beschreibbaren Zustand, der mit Veränderungen im Bereich von Gefühl, körperlicher Zustand und Ausdruck einhergeht.
  • Kognitionen und Emotionen – steuern menschliches Erleben und Verhalten, wobei sie in engem Zusammenhang stehen. Affekte kann man als grundlegende Operatoren von kognitiven Funktionen“ verstehen.

3. Kennzeichen von Creditionen

Creditionen sind ohne Verbindung mit Kognitionen und Emotionen nicht denkbar.

Für die mögliche Verbindung von Creditionen zu Emotionen und Kognitionen gibt es viele Schattierungen. So können Glaubensprozesse hochgradig emotional besetzt und für rationale Argumente unzugänglich sein. Creditionen können jedoch auch in hohem Maße rational geprägt und weniger emotional ausgeprägt sein (quasi „blutleer“).
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Creditionen stehen im Dienste einer inneren Balance des Menschen. Sie können auftreten, wenn die Balance durch innere Prozesse (z. B. Selbstzweifel) oder durch äußere Umstände (z. B. überraschend auftretende Krankheit) bedroht ist.

4. Wann treten Creditionen auf?

Creditionen bestimmen in vielfältiger Weise unser Leben.

Sie treten z.B. auf bei

  • Analyseprozessen
  • Entscheidungsprozessen
  • Wahrnehmungsprozessen

Sie stehen auch in Verbindung mit anderen psychodynamischen Vorgängen, etwa mit

  • Vertrauen
  • Motivation
  • Angst

Insbesondere kommen Creditionen ins Spiel, sobald man Aussagen über die Zukunft macht. Zukunft kann nie zu hundert Prozent aus der Vergangenheit abgeleitet werden. Schon die Verwendung der Zukunftsform (des Futurs) ist nur möglich, wenn creditive Anteile zugrunde liegen. Wer sagt:

„Ich werde Dich morgen besuchen“

kann dies nur tun, wenn er glaubt, dass er nicht zwischenzeitlich einen Unfall hat oder gar sterben wird.

Aus diesem Grunde spielen creditive Momente immer eine Rolle

  • in Planungsprozessen
  • bei Geschäftsanbahnungen
  • bei Prognosen.

5. Der Anteil von Creditionen bei Entscheidungsprozessen

Die Erforschung von Creditionen steckt in den allerersten Anfängen. Vieles ist gegenwärtig ungeklärt und erfordert weitere wissenschaftliche Diskussionen.
Dennoch zeichnen sich erste Möglichkeiten ab, die Bedeutung von Creditionen in verschiedenen Prozessen zu erfassen.
Wir gehen davon aus, dass es grundsätzlich möglich sein wird, creditive Anteile in Prozessen so zu erfassen, dass man ihre Bedeutung quantifizieren kann. Die Untersuchungen stehen ebenfalls am Anfang. Wir glauben aber, dass man in absehbarer Zeit den Einfluss von Creditionen mithilfe eines „Creditionenindex“ erfassen und in die Bewertung von Planungen einbeziehen kann.

In einem eher spielerischen Sinn – und nicht als exakte Berechnung – wollen wir mit den Tools auf die Möglichkeit eines Creditionenindex aufmerksam machen und zur Diskussion darüber anregen.

Bitte testen sie die Tools – und dabei auch sich selbst!
Wir freuen uns, wenn Sie sich an den Diskussionen über Creditionen und Creditionenindex beteiligen.

verfasst von: Hans-Ferdinand Angel

 

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